Erich Kästner (1899-1974)
Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte euch das Leben.
Das genügt, wenn man’s bedenkt.
Einmal kommt auch eure Zeit.
Morgen ist’s noch nicht so weit.
Doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.
Lauft ein bißchen durch die Straßen!
Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.
Tannengrün mit Osrambirnen –
lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt’s an Holz!
Stille Nacht und heil’ge Nacht –
weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!
Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit . . .
Ach, du liebe Weihnachtszeit!
Ach ja, normalerweise heißt es ja, unser Wohlbefinden hängt eng an Ritualen…
Auf manche könnte man gut verzichten. Ich schätze Erich Kästner sehr, obwohl man immer versuchte, ihn in die leichte Ecke abzudrängen, so gehörte er doch genau zu den wenigen, die unangepasst ihren Spiegel in die Gesellschaft trugen. Danke, dass Du dieses Gedicht in die ja eigentlich „besinnliche“ Zeit zurückgebracht hast. Euch ein inniges Fest. LG Renate
Du weißt, ich bin nicht so sehr die schwärmerische Zeitgenossin 😀 deshalb mag ich diese Gedichte sehr. Liebe Grüße und bleib gesund!!